SonntagsFrühstück – Bericht im Sachsensonntag vom 9. November 2014 von J. Wagner
“Ich möchte den Leser überraschen”
Ethel Scheffler spricht über reale Kriminalfälle und eigene Erfolgsgeheimnisse
“Mich hat diese Geschichte aus meiner Kindheit nicht losgelassen”, überlegt Ethel Scheffler. Und sie hat diese Geschichte inzwischen in ihrem ersten eigenen Buch niedergeschrieben.
“Mörderische Totengräber” heißt es und es erzählt ein Stück Leipziger Stadtgeschichte der kriminalistischen Art. Angefangen bei eben jener Geschichte des Mädchens, das verschwindet im direkten Umfeld in Großzschocher: “Ich habe angefangen zu diesem Fall zu recherchieren. Zum Beispiel in den alten Stasiakten, aber auch in Gesprächen mit Zeitzeugen. Dann kam eins zum anderen und ich wurde auf weitere Fälle aufmerksam.” Das Ergebnis: Nach zwei Jahren Recherche und Schreibarbeit liegt eine Sammlung elf wahrer Fälle vor, die einen Bogen vom 16. Jahrhundert bis ins Hier und Jetzt schlägt.
Für die gebürtige Leipzigerin war dieses Buch eine echte Herausforderung. Denn eigentlich ist sie Krimiautorin und auch dies erst seit gut acht Jahren. Als Nebeneinsteigerin sozusagen. “Es ist ein ganz anderer Schreibstil als bei einem Krimi. Hier muss ich mich ganz klar an die Fakten halten. Bei einem Sachbuch darf man nun einmal keine Wertung vornehmen”, erklärt sie und ergänzt: “Ja, das hat mich emotional sehr beschäftigt. Wobei man aber immer im Auge behalten muss, dass es sich stets um Einzelfälle handelt.”
Mit dem (ernsthaften) Schreiben hat Ethel Scheffler im Jahr 2005 begonnen – “auch wenn ich schon an Schülerwettbewerben teilgenommen hatte und sogar mal einen dritten Preis gewonnen habe. Aber erst 2005 habe ich die ganze Sache richtig forciert”. Und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Genauer gesagt kam er gleich beim allerersten Anlauf: “Ja, es hat auf Anhieb mit einer Veröffentlichung geklappt.” “Mörderisch legger” hieß die Anthologie aus dem Jahre 2006, in der ihr Premieren-Kurzkrimi “Schwein sein lohnt sich nicht” erschien.
Das Erfolgsgeheimnis? “Meine Geschichten gehen immer ein bisschen anders aus, als man es eigentlich gewohnt ist”, erzählt sie und ergänzt: “Ich möchte den Leser überraschen.” Dabei verlässt sie sich beim Schreiben nicht nur auf sich selbst – auch wenn sie da einen richtig guten Kniff gefunden hat: “Ich spreche die Geschichten auf Band und höre sie mir später noch einmal an – dann fällt mir sofort auf, wenn etwas nicht passt. Aber ich gebe die Krimis auch Freundinnen und Mitarbeitern zum Lesen. Die können sehr gut einschätzen, ob eine Geschichte auch für einen Leser nachvollziehbar ist.”
Gelernt hat Ethel Scheffler das Schreiben tatsächlich in Eigenregie – mit Unterstützung erfahrener Krimiautoren und in verschiedenen Workshops. “Zudem habe ich angefangen, Bücher und da vor allem Krimis ganz anders zu lesen”, berichtet sie. Stützen konnte sie sich dabei auf ein gut funktionierendes Netzwerk – regional und überregional. Da gibt’s zum Beispiel die “Mörderischen Schwestern”, einen bundesweiten Zusammenschluss von Krimiautorinnen. “Da hilft man sich gegenseitig, macht sich auf Verlagsprojekte und Ausschreibungen aufmerksam.”
Denn es sind gerade dir Anthologien, die für die Leipzigerin die wichtigste Spielwiese sind.: “Kurzkrimis sind toll – kurz, konzentriert, prägnant.” Wie steht’s da mit einem eigenen Kriminalroman? “Das Projekt habe ich schon, aber ein Roman braucht richtig viel Zeit. Und ich würde auch gerne mal meine Geschichten in einem Buch zusammenfassen.”, überlegt sie. Lesungen gehören für sie inzwischen auch zum Autorenalltag – auch wenn das Lampenfieber nach wie vor groß ist. “Aber dieses direkte Feedback vom Publikum ist mir ganz wichtig. Vor allem, weil man auch ins Gespräch kommen kann.” Keine Frage, dass da Highlights wie die Ostdeutschen Krimitage fest im Kalender stehen.
Eine feste Schreibroutine hat Ethel Scheffler nicht – schließlich ist es nach wie vor ein Hobby neben Beruf und Familie. “Am Sonntag nach dem Frühstück setze ich mich gerne zum Schreiben hin, dann ist der Alltag ein Stück weg. Vorher gibt es aber natürlich ein ausgiebiges Frühstück, für das wir uns richtig viel Zeit nehmen”, erzählt sie und ergänzt:”Dabei bin ich aber der herzhafte Typ.” J. Wagner